Aktuell kandidieren zwei Frauen und zwei Männer für die Wahl zur Bürgermeisterin / zum Bürgermeister in Bad Pyrmont. Jeden Morgen lest Ihr hier auf Emmerzone ab 7 Uhr jeweils die Antwort auf eine Frage.
Heute Frage 6:
Haben Sie Ideen, den Einzelhandel, die Gastronomie und Hotellerie in Bad Pyrmont zu beleben?
Klaus Blome:
Innenstädte werden sich verändern. Sie werden multifunktionaler (werden müssen). Aufgrund eines geänderten Einkaufs- und Konsumverhaltens wird zu unserem Leidwesen nicht jedes Einzelhandelsgeschäft bestehen. Um dies aufzufangen, müssen wir Raum schaffen für neue Produkt- und Dienstleistungsangebote. Auch soziale Dienstleitungen passen in eine Innenstadt, die auch integrativen Charakter haben können. Angebote im Gesundheitsbereich, Räume für kulturelle Begegnungen können auch dazu gehören. Zu verbinden ist dies mit einem passenden Mobilitätsangebot, wozu insbesondere auch bessere Voraussetzungen für den Radverkehr gehören. Der Einzelhandel, die Gastronomie und die Hotellerie brauchen letztendlich Kunden und Gäste. Heimischen Kunden und Gästen sollten wir immer wieder die Vorteile der lokalen Angebote gegenüber dem Internet-Handel vor Augen führen. Wir werden den Internet-Handel nicht abschaffen. Aber wir können unsere Einstellung dazu überdenken. Kunden und Gäste gehen schließlich dorthin, wo sie es als schön empfinden und wo es etwas zu erleben gibt. Dazu gehört zunächst einmal eine attraktive Innenstadt. Das Staatsbad hat dazu Ideen rund um die Hauptallee entwickelt, die es hoffentlich zur Umsetzung bringt. Diese Ideen werden wir als Stadt mit unseren Möglichkeiten unterstützen. Die Stadt Bad Pyrmont selber will zur Attraktivitätssteigerung in das Städtebauförderprogramm von Bund und Land aufgenommen werden, um so für die nächsten Jahre 15 Mio. € für den Erhalt von Gebäuden, Straßensanierungen und die Aufwertung von öffentlichen Plätzen und Räumen zur Verfügung zu haben. Wir werden bauen müssen. D.h. sanieren, wo es möglich ist, neugestalten, wo es nötig ist. Dazu gehört auch eine Anpassung unserer Bauleitplanung. Ferner möchte die Stadt Fördermittel aus dem Ad-hoc Programm Innenstadt des Landes Niedersachsen generieren. Mit diesem Programm können Kommunen alsbald mit einem Budget kurzfristig Projekte oder Konzepte umsetzen, um der Problemlagen durch die Pandemie in den Innenstädten entgegenzuwirken. So kann ich mir im Rahmen der Belebung der Innenstadt vorstellen, die Flächen rund um das Rathaus unter Einbezug der Noch-Räumlichkeiten der Pyrmonter Nachrichten besser für die Öffentlichkeit als kulturell-kreativen Freiraum zur Verfügung zu stellen. In diese Richtung beginnen wir im September mit einer Ausstellung des Städtepartnerschaftsvereins in den bisherigen Räumlichkeiten der Pyrmonter Nachrichten. Denkbar ist auch, dass die Stadt selber Räumlichkeiten anmietet und Gewerbetreibenden zum Ausprobieren oder auch längerfristigen Betrieb eines Gewerbes weitervermietet. Touristisch hat sich Bad Pyrmont das Wandern zur Gästegewinnung auf die Fahne geschrieben, was ich begrüße. Mountain-Biking wird daneben bei ausreichend Rücksichtnahme möglich sein, so dass hier eine neue Gruppe von Touristen erschlossen werden kann. Selbstredend braucht Bad Pyrmont auch ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten. Es ist unstrittig, dass wir mehr Kapazitäten im Bereich der Hotellerie benötigen. Potentialflächen dazu haben wir. Um die Investoren und Betreiber müssen wir in Kooperation mit dem Staatsbad mit einer Stimme gemeinsam werben. Um die Aufmerksamkeit auf Bad Pyrmont zu lenken, wird die Bad Pyrmont Tourismus GmbH alle modernen Möglichkeiten des Marketings nutzen müssen, um Bad Pyrmont analog und digital national und international im touristischen Wettbewerb im Verbund mit dem Weserbergland zu vermarkten.
Ute Michel:
Einzelhandel und Gastronomie sind noch immer grundsätzlich sehr vielfältig. Die Lokalunterstützer/Lokalquelle sind eine großartige Initiative, um Wertschöpfung vor Ort sicherzustellen. Dies muss auch nach den Corona-Beschränkungen weiter unterstützt werden. Wichtig ist auch eine Belebung der Innenstadt durch geänderte Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Co-Working-Möglichkeiten, soziale Treffpunkte, mehr Wohnen) und eine Attraktivitätssteigerung durch Maßnahmen im Rahmen des inzwischen auf den Weg gebrachten ISEK (Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept).
Die Hotellerie war bereits vor Corona in einer längeren Umbruchphase, die durch den Lockdown beschleunigt wird. Der viel zitierte Brandschutz ist dabei nur ein Problem. Es geht darum, mit allen Beteiligten (Stadt, Staatsbad, BPT, KVV, einzelnen privaten Hotelbesitzern und Investoren) im Einzelfall Lösungen zu finden. Eine Aufbruchstimmung, die mit dem ISEK möglich ist, kann hoffentlich manches in Bewegung bringen – wenn nicht wieder alles schlecht geredet wird.
Carolin Muschter:
Es gibt mit den großen bestehenden Veranstaltungen Magneten, die von der Stadt gestärkt werden müssen. Die Veranstalter sind mit neuen Ideen zu mir gekommen, die auf jeden Fall zu Pyrmont passen und ausbaufähig sind. Für Februar und März wollen wir Veranstaltungen kreieren, die in der Sauren-Gurken-Zeit Besucher in die Stadt holen. Dafür hatte ich im Sommer 2020 den Veranstalter der Landpartie gefragt, ob man eine Art „Landpartie in der Innenstadt“ mit den Eigentümern leerer Geschäfte entwerfen kann. Die Aussteller von Landpartien haben mit Corona ja selbst ein katastrophales Jahr hinter sich, da kann man mit dem „Pop Up Shop“ Programm die Geschäfte beleben, wie das in der Deutschen Bank zu sehen ist, vor allem, wenn nun auch wieder geöffnet werden darf. Das Wirtschaftswunder möchte gerne die Veranstaltung sehr vergrößern, das werde ich als Bürgermeister fördern. Die reichhaltigen Möglichkeiten der Formate dieser Art würden viel Geld in die Kassen der Stadt spülen. Wir brauchen dringend den Parkplatz am Gondelteich für den Tourismus, daher werde ich mich auch weiterhin gegen ein Feuerwehrgebäude auf dem Parkplatz einsetzen, das muss an eine andere Stelle an der Südstraße. Das Staatsbad braucht, um mehr Kongresse zu holen, mehr Hotelbetten. Durch gute Kontakte zur Wohnbauwirtschaft möchte ich neue Hotels ansiedeln. Im jetzt beliebten Bereich der BioHotels können auch bestehende Hotels umstellen auf dieses Marktsegment der Ü40 Touristen, die auf Umweltrelevanz achten. Denn diese Umweltrelevanz kann man mit den Charakteristika des Badeortes gut verbinden. Bevor neue Hotels gebaut sind, werden wir im Bereich des Kurz- und Tagestourismus beliebte Themen wie Mountain Bikes, Nordic Walking und andere Sportveranstaltungen nach Pyrmont holen. Der Pyrmont Marathon hat gezeigt wie erfolgreich solche Formate für den Ort sind. Solche Veranstaltung können in Zusammenarbeit mit Lügde auf größere Beine gestellt werden. Die Stadt kann sich überlegen, wie sie gerade auch den Golfplatz und den Segelflugplatz in ihr Werbungsportfolio aufnimmt, auch das geht nur gemeinsam mit Lügde. Mit der Theatercompanie und dem Fürstentreff haben wir optimale Möglichkeiten, authentische Werbespots für Pyrmont selbst zu drehen. In Zusammenarbeit mit dem Staatsbad würde ich mich freuen, wenn wir über meine Kontakte zu Tourneetheatern zusätzlich zur hervorragenden Theatercompanie wieder Theater nach Pyrmont holen. Deshalb müssen Konzerthaus und Kurtheater schnell fertig werden. Wir haben eine hervorragende Gruppe von Behindertensport, Bogenschützen, Reit- und Sportvereinen, es gibt für alles Wettbewerbe, die man nach Pyrmont holen kann. Ein Skaterpark muss in der Stadt gebaut werden, ohne dass die Kinder selbst dafür Gelder einwerben müssen.
Der Minigolfplatz muss erhalten bleiben, er erfreut sich einer enormen Beliebtheit. Die Stadt muss hier mit dem Staatsbad verhandeln, dass der Platz bleiben kann.
Mit mir gibt es keine Tourismusabgabe. Die Stadt weiß nach der Neuberechnung der Grundsteuern noch nicht, wie viel nun eigentlich für uns herauskommt, das müssen wir abwarten, bevor man zu Steuererhöhungen greift. Den Bürger einfach zur Kasse zu bitten, fand ich immer schon schlimm. Im Jahr 2013 sind mit der Schließung der drei Hotels Bergkurpark, Rasmussen und Kaiserhof 100000 Übernachtungen weggefallen, das ist ein Verlust von rund 1.5 Mio. Euro pro Jahr und viele Arbeitsplätze. Dieses Geld fehlt der Stadt für ihre allgemeinen Aufgaben, daher sind -neue- Hotels für Pyrmont so wichtig.
Uwe Schrader:
Die Stadt kann aufgrund ihrer Haushaltssituation und ihrer rechtlichen Vorgaben als Bedarfszuweisungskommune nur bedingt direkt eingreifen. Alles andere wäre gelogen. Damit Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie wieder belebter werden, müssen wir dafür Sorge tragen, dass sich Einwohner und Gäste hier wohlfühlen und unsere Straßen beleben. Dass sie öffentliche Räume vorfinden, in denen sie sich gern aufhalten. Dass sie Straßen vorfinden, an denen sie gerne wohnen möchten, an denen sie Häuser bauen bzw. an denen sie Häuser sanieren wollen. Zwar kann die Stadt den öffentlichen Raum sanieren und instand setzen, wir brauchen darüber hinaus aber auch private Investoren.
Damit diese Investoren nach Bad Pyrmont kommen, bedarf es einer personell und technisch gut aufgestellten Verwaltung, damit die geplanten Investitionen zügig vollzogen werden können. Mögliche Hemmnisse, die sich z.B. durch einzelne Rechtsvorschriften ergeben und einer zügigen Verwirklichung der Investitionen entgegenstehen, werde ich als Bürgermeister durch zeitnahe Erörterungstermine mit allen Beteiligten ausräumen.
Den Fragen haben sich gestellt (in alphabetischer Reihenfolge): Klaus Blome (parteilos), Ute Michel (Die Grünen), Carolin Muschter (Wählergemeinschaft Bad Pyrmont INTAKT), Uwe Schrader (SPD).